„Der kaukasische Kreidekreis“ – Ein Schauspiel mit Tiefgang

©Oliver Vogel

Wie aktuell ist Brecht? Vom 14.-16.02.2020 brachte die 11. Klasse „Der Kaukasischen Kreidekreis“ auf die Bühne. Die gesellschaftspolitischen Themen, welche das Stück dabei anspricht, sind uns auch heute  nicht fremd: Kriegsgewinner und Verlierer sind nach wie vor auf den ersten Blick schwer zu unterscheiden, Gerechtigkeit ist vielschichtig und neben dem geschriebenen Gesetz bedarf es nebst Unbestechlichkeit auch Menschenverstand mit einer Prise Herzenswärme – und nicht zuletzt  „Wer dem Hilflosen nicht hilft….“! Hilfsbereitschaft endet oft dort, wo man persönliche Einschränkungen befürchten muss. Die Mittelmeer-Rettungsaktion von Flüchtlingen ist dafür vermutlich das beste Beispiel. Nicht so bei Bertolt Brechts Grusche. Die einfache Magd nimmt sich des zurückgelassenen Michels an, auch wenn sie dafür ihr privates Glück zurückstellen muss.

Fünf Wochen lang beschäftigten sich die Schüler der 11. Klasse mit diesem Stück. Texte wurden gelernt, Kostüme zusammengestellt, ein Programmheft entworfen, die musikalische Untermalung einstudiert und die Kulissen gestaltet. Die jahreszeitlich bedingte Erkältungswelle sowie die Tatsache, dass die Bühne durch andere Veranstaltungen immer wieder belegt war, erwiesen sich als weitere Herausforderungen.  Was die 30 Schüler letztendlich am vergangenen Wochenende auf die Bühne brachten, verdient großen Respekt. Unter der Regie von Regina Trinkaus mit Unterstützung von Thibaud Gross tauchten die Schüler für vier Aufführungen in die Geschichte um die Magd Grusche ein. Gespielt wurde in zwei Besetzungen – und durch die Vielzahl der auftretenden Personen war jeder Schüler in mehreren Rollen gefordert. Innige Szenen, wie die fürsorgliche Beschaffung von Milch für das Kind, wechselten sich ab mit Inszenierungen, die zum Schmunzeln anregten, wie etwa die egozentrische Gouverneursgattin, die Badeszene des Bauern Jussup oder das gestenreiche Spiel des Dorfschreibers Adzdak. Auf musikalischer Ebene blieb die Klasse völlig autark: Zum Einsatz kamen Klavier, Querflöte, Cello und Gesang  – ebenso wie Trommel und akustische Effekte, welche das bedrohliche Erscheinen der Panzerreiter untermalten.

Für viel Dynamik sorgte im Spiel das minimalistisches Bühnenbild aus Bauzäunen, welches phantasievoll eingesetzt, einen schnellen Szenenwechsel ermöglichte. Mit Symbolkraft ausgewählt wurde sicher auch der überdimensional große Richterstuhl, auf dem die Anwärter recht menschlich und klein wirkten. Wie gut, dass Adzdak, der „Gauner“, der zum Richter wurde, doch zu einer weisen Entscheidung kam.

Brecht bewegt. Auch heute noch. Und die zahlreichen Zuschauer dankten mit langanhaltendem Applaus.

 

© Fotograf Oliver Vogel